"Wer vorne einfach nicht oder unter dem Strich zu selten trifft, bekommt die Dinger hinten". So, oder so ähnlich lautet die Erkenntnis nach dem Achtelfinal-Rückspiel der UEFA Champions League zwischen dem FC Bayern München und Inter Mailand. Dabei sollte das Münchner Weiterkommen vor 66000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz Arena nach dem 1:0-Hinspielsieg in Mailand für die Bayern nur noch Formsache sein. Mit der Form ist es allerdings gerade beim großen FC Bayern so eine Sache - vor allem in der Defensive, die sich seit Wochen nicht wie ein Abwehrbollwerk präsentiert, das es in solchen Spielen auf höchstem Niveau braucht. Während Ribéry, Robben, Müller und Gomez den Ex-Bayern-Star Lucio sowie seine Nebenleute um Torhüter Julio Cesar in der Mailänder Abwehr beschäftigen wollten, musste Bayern-Keeper Thomas Kraft bereits nach drei Minuten hinter sich greifen. Ein simpler Steilpass und die Weltklasse eines Samuel Eto’o aus leicht abseitsverdächtiger Position genügten, um die Zähler wieder "auf Null" zu stellen. Dass die Roten im eigenen Stadion zurückkamen, verdankten sie ihrem Selbstvertrauen und dem überragenden Offensivquartett um den französischen Dribbler und den feintechnischen Linksfuß aus Holland. Der leitete auch den Ausgleich ein. Nach seinem Schuss reagierte Tormaschine Gomez am schnellsten - 1:1. Dass Thomas Müller Minuten später auf 2:1 erhöhte, ließ endlich so etwas wie Stimmung in der sonst so ruhigen Arena aufkommen. Bis zur und kurz nach der Pause vergaben Gomez, Müller, Ribéry und Robben beste Chancen zum 3, 4 oder 5:1. Nach gut einer Stunde dachte sich Inters Spielmacher Wesley Sneijder, "ja gut, ich schieß nach gefühlten 13 Querpässen vor der ängstlich wirkenden bajuwarischen Abwehr einfach mal" und setzte den Ball von der Strafraumgrenze in die Maschen. In dieser Phase machten die Blau-Schwarzen mächtig Druck, bei jedem Angriff brannte es lichterloh. "Gut", dachte sich auch Feuerwehrmann Louis van Gaal, und stellte mal wieder die Abwehr um - Badstuber ersetzte van Buyten. Dass der junge Memminger das mit dem ersetzen zu wörtlich nahm und sich der durchwachsenen Leistung des belgischen Hünen anpasste, passte ins Bild. Gleichzeitig kam Altintop für Robben, den nach einiger Laufarbeit muskuläre Probleme plagten. So lief nur noch und alles über Franck Ribéry, dessen Nebenleute Mario Gomez und Thomas Müller in den Kontersituationen zu wenig Entschlossenheit zeigten. Die legte dafür umso mehr Goran Pandev an den Tag, der die Kugel in der 88. Minute zum 3:2-Endstand in den bayerischen Torwinkel nagelte. Bayern war draußen, hatte das Spiel hergeschenkt. Während Bastian Schweinsteiger mit leerem Blick am Boden saß, hämmerte Thomas Müller ein paar Meter weiter immer wieder mit der Faust auf den Boden, kickte dabei laut schimpfend und wild gestikulierend seine Schienbeinschoner weg. Inters Joker Yuto Nagamoto wanderte derweil Minuten nach dem Schlusspfiff zu den Klängen von "You'll never walk alone" mit der japanischen Fahne in der Hand, still und mit gesenktem Kopf, alleine über den Platz - nach feiern war dem 24-Jährigen nicht zumute. Er bewies, dass es in diesen Tagen - nicht nur für ihn - wichtigeres als Fußball gibt oder besser geben sollte.
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